#166 | Schachgenie Paul Morphy

Xenia Bayer lädt uns in die Pariser Oper ein. Es läuft „Der Barbier von Sevilla“. Es ist das Jahr 1858, und wir befinden uns in der Loge des Herzogs von Braunschweig.

Hier wird heute eine Partie gespielt, die als eine der berühmtesten in die Schachgeschichte eingehen wird: Paul Morphy gegen den Herzog von Braunschweig und Graf Isoard, die sogenannte „Opernpartie„.

Nach 17 Zügen sind die beiden Adeligen Schachmatt, denn Morphy hat eine wunderbare Kombination angesetzt. Wie es dazu kam, erzählt uns Xenia Bayer in diesem Podcast.

16. Db8! lenkt den Springer ab und ermöglicht 17. Td8 matt.

Episodenskript

Hallo liebe Zuhörer, ich heiße Xenia Bayer und das ist mein Podcast „Schach für Kinder“!

 „Ein Schachgenie, Teil 1“

Im Hintergrund läuft die Oper

Es ist der 2. November 1858. Auf der Bühne der Pariser Oper läuft „Der Barbier von Sevilla“ von Gioacchino Rossini.

Der Herzog von Braunschweig und der Graf Isoard sitzen in der Loge des Herzogs. Aber sie schauen die Aufführung gar nicht an. Stattdessen spielen sie Schach gegen einen jungen Mann.

Der junge Mann spielt mit den weißen Figuren, versucht sich zu konzentrieren, schaut aber versteckt ab und zu zur Bühne. Er würde jetzt sehr gerne die Abenteuer von Graf Almaviva und seinem alten Freund, dem Barbier Figaro, verfolgen.

Die zwei Adligen wählen eine solide, aber eher passive Verteidigung: die Philidor-Verteidigung.

Weiß entscheidet sich dazu aggressiv zu spielen und startet mithilfe seiner Dame einen Doppelangriff. Der junge Spieler scheint den schnellsten Weg zum Sieg zu suchen. Vielleicht schafft er es wenigstens den 2. Akt der Opernaufführung anzuschauen.

Nach dem 9.Zug ist „Schwarz …bereits in einer Art Zugzwang. Er kann seinen Damenspringer nicht entwickeln, weil sonst der b-Bauer hängen würde. Und seinen Königsläufer kann er nicht entwickeln, weil er von der Dame blockiert ist“ (B.Fischer)

Der Springer ist gefesselt, Läufer und Turm auf dem Königsflügel können nicht raus. Der König kann nicht rochieren. Der Herzog und der Graf suchen angestrengt nach dem besten Zug.

Der junge Mann opfert seinen Springer, seinen Turm und danach noch seine Dame und setzt mit dem zweiten Turm bereits im 17. Zug schachmatt!

Jetzt kann er endlich die Oper in Ruhe genießen.

Diese Partie, Opernpartie genannt, wird in die Geschichte des Schachspiels als zweitbeste Partie aller Zeiten eingehen. Für Spielanfänger ist sie ein Lehrwerk: „Jeder Zug des Weißen entwickelt eine Figur, stellt eine Drohung auf oder schlägt eine gegnerische Figur. Das gipfelt schließlich in einer Mattkombination mit Damenopfer.“ (chessbase.com)

In seinen jungen Jahren hat der junge Mann schon viel erreicht: bereits als 13-jähriger wurde er zum besten Spieler Amerikas.

Ein außergewöhnliches Talent?

„Talent ist eine Sache, aber damit es sich entfalten kann, müssen auch die Bedingungen stimmen. Die waren … günstig. Er wurde am 22. Juni 1837 als Sohn einer wohlhabenden Bürgerfamilie in New Orleans geboren. Ernest, der Bruder des Vaters, zählte zu den besten Spielern Amerikas und die Familie spielte gerne und oft Schach. Außerdem hatte …der Vater … eine große Bibliothek, durch die …(dem jungen Mann) alle wichtige Schachliteratur der damaligen Zeit zur Verfügung stand. Zeitgenössischen Berichten zufolge scheint …(er) ein fotografisches Gedächtnis gehabt zu haben – er behielt alles, was er einmal las.“ (chessbase.com)

1857 gewann das junge Talent den Ersten Amerikanischen Schachkongress und ein Jahr später, 1858, reiste er nach Europa. In London und Paris trat er gegen die besten europäischen Schachspieler an: Adolf Anderssen, Johann Jacob Löwenthal, Henry Edward Bird und Daniel Harrwitz. Zwei Drittel der Partien gewann der junge Mann.

Seine Spielweise faszinierte: wie Alexander Aljechin, der 4. Schachweltmeister, später schrieb, lag seine Stärke in einem „tief durchdachten positionellen Spiel von überwiegend aggressiver Natur“.

Seine Leistungen waren zu der Zeit außergewöhnlich: er konnte blind gegen 8 Gegner gleichzeitig spielen.

Nach seinem Triumph in Europa kehrte der junge Mann nach Amerika zurück und konzentrierte sich auf seine Karriere als Rechtsanwalt. Das Schachspiel interessierte ihn nicht mehr. Seine Schachkarriere war zu kurz, sein Leben leider auch: mit 47 Jahren starb er nach einem Schlaganfall.

„…(Er) war ein Meister des taktischen Schachs und seine Partien sind ein wichtiger Teil der Schachgeschichte.“, sagte Anatoly Karpov, der 12. Schachweltmeister.

Garry Kasparov, der 13. Schachweltmeister bezeichnete ihn als „…ein Genie, das das Schachspiel auf ein neues Niveau gehoben hat.“

Michail Botvinnik, der 6. Schachweltmeister bemerkte: „Bis heute ist …(er) der unübertroffene Meister der offenen Partien. Wie groß seine Bedeutung ist, kann man daran erkennen, dass seit …(ihm) auf diesem Gebiet nichts wesentlich Neues mehr geschaffen wurde. Jeder Schachspieler, vom Anfänger bis zum Meister, sollte in seinem Training immer wieder auf das Werk des amerikanischen Genies zurückkommen.“

Das außergewöhnliche Talent des 19. Jahrhunderts, das Schachgenie war  Paul Charles Morphy.

Bis zum nächsten Mal!

Eure Xenia Bayer


Links:

Die berühmte Opernpartie zum Nachspielen
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