#148 | Tierische Schachwelt

Xenia Bayer geht heute in den Tierpark. Sie möchte herausfinden, wieso die Schacheröffnungen tierische Namen tragen und ob Tiere Schach spielen können. Kommt mit!

Auf ihrem Spaziergang durch den Zoo begegnet Xenia verschiedenen tierischen Eröffnungen wie dem Elefantengambit, der Mosquitovariante oder der Kobravariante

Außerdem entdeckt sie einige tierisch gute Stellungen, wie z.B. den Igel oder den Hippopotamus

Und schließlich findet Xenia auch noch ein paar tierisch schöne Mattbilder: Das Schwalbenschwanzmatt und das Libellenmatt

Viel Vergnügen beim Zuhören!


EPISODENLINKS:

♕ TSV München Solln e.V. – YouTube


SCHACHAKADEMIE:


episodenskript

Hallo liebe Zuhörer,
ich heiße Xenia Bayer und das ist mein Podcast „Schach für Kinder“! Die 22. Folge: „Tierische Schachwelt“

Das Schachspiel ist wie ein See, in dem eine Mücke baden und ein Elefant
ertrinken kann.

Indisches Sprichwort


Ich gehe heute in den Tierpark. Ich möchte herausfinden, wieso die Schacheröffnungen tierische Namen tragen und ob Tiere Schach spielen können. Kommt mit!

Wir sind jetzt in der Großvoliere. Hier findet man verschiedene Vogelarten: von Möwen bis Schwarzstörchen. Neben mir watschelt jetzt eine Ente. Ob die Enten Schach spielen können? Die Enten aus dem Zoo spielen kein Schach, aber auf dem Schachbrett kann man Enten finden. In einer Schacheröffnung, nach den Zügen f4-f5 und d4-d5, stehen vier Bauern auf dem Schachbrett, die wie kleine Enten aussehen. Diese Eröffnung nennt man Bird-Eröffnung: Double-Duck-Formation.

Quelle: chess.com

Hoch unter der Decke fliegen viele Schwalben. Diese Vögel, mit ihren Gabel-Schwänzen erinnern mich an das Schwalbenschwanz-Matt: Der schwarze König wird von der weißen Dame mattgesetzt. Dabei sperren seine eigenen Figuren, die schwarze Dame und der schwarze Turm, dem König die Fluchtfelder ab und sehen dabei wie ein Gabelschwanz der Schwalbe aus.

Quelle: chess.com

Aus der Großvoliere führt ein Übergang zur Welt der Affen. Ich beobachte zwei Schimpansen, die mit Steinen ein paar Nüsse zu knacken versuchen. Und wer klettert da auf dem Baum? Ein Riese- ein Orang-Utan. Auf Malaysisch heißen sie übersetzt „Waldmenschen”. Diese Bezeichnung ist durchaus passend, denn Orang-Utans leben im Wald und gehören zu den Menschenaffen.

Der Schachmeister Savielly Tartakower spielte 1924 das Weltklasseturnier in New York und wandte dabei mehrmals den Eröffnungszug b2-b4 an, dem er den Witznamen Orang-Utan-Eröffnung gab. Laut Tartakower klettert der b-Bauer das Brett empor wie ein Affe einen Baum.

Quelle: YouTube-Kanal Rafael Kloth

Ich gehe weiter und komme zum Elefantenhaus. Die Elefanten sind die zweitgrößten Landtiere der Erde. Mit ihrem Rüssel greifen sie geschickt nach Stöcken. Wenn Elefanten „rüsseln“, unterhalten sie sich miteinander oder zeigen dadurch, dass sie sich gern haben.

In Schach gibt es ein Elefanten-Gambit: nach 1.e4 e5 2.Sf3 stürmen die Elefanten mit 2…d5 im Zentrum los.

Quelle: ChessBase

Auf der anderen Seite des Elefanten-Hauses leben Flusspferde. Diese Dickhäuter lieben es, stundenlang im Wasser oder Schlamm zu liegen. Ein riesiger Mund mit Zähnen taucht aus dem Wasser auf. In einer Schachstellung, der Hippopotamus-Stellung, wird Schwarz unter den richtigen Bedingungen aus den Tiefen des Schachbretts auftauchen und alle vor ihm vernichten.

Zu Beginn der Partie entwickelt sich Schwarz innerhalb seiner eigenen ersten drei Reihen. Er baut eine solide Stellung auf: Lb7, Lg7, Sd7, Se7, Bauer: b, d, e, g6 und wartet auf die kommenden Züge des Gegners. Im richtigen Moment wird dann zurückgeschlagen!

Die Hippopotamus-Eröffnung spielte Boris Spasski (der spätere 10. Schachweltmeister) bei der Weltmeisterschaft 1966 gegen den 9. Schachweltmeister Tigran Petrosjan.

Quelle: Wikipedia

Ich schaue meinen Tierparkplan an. Wenn ich jetzt über die Brücke gehe, komme ich zur Giraffensavanne. Auf geht’s! Mit bis zu 6 m Höhe ist die Giraffe das höchste Landtier der Erde. Wie beim menschlichen Körper verbinden lediglich sieben, dafür aber große Halswirbel den Kopf der Giraffe mit den Schultern.

In der Wiener Partie, nach den Zügen: e4, e5; Sc3, Lc5; streckt eine Giraffe ihren langen Hals mit Dg4 aus und attackiert den Gegner!

Quelle: chess.com

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Oh! Eine kleine Libelle landet auf meiner Schulter! Wie schön sieht sie mit ihrem langen schlanken Körper und ihren großen bläulich schimmernden Flügeln aus.

In dem bekanntem Mattbild, dem Libellen-Matt, bildet die Läuferdiagonale den langen schlanken Körper der Libelle und der Springer, der gegnerische König und die vom Springer beherrschten Felder bilden das Flügelpaar. Bei dem Libellen-Matt wirken ein Läufer und ein Springer perfekt zusammen und setzen den gegnerischen König matt.

Quelle: Wikipedia

Auf der Wiese links von mir fliegen hunderte von Libellen und kreisen bei den schönen Blumen umher. Wer raschelt da im Gebüsch? Ah! Ein Igel! Auf seinen Stacheln kleben einige alte Laubblätter.

Eine typische Schachaufstellung für Schwarz hat den Namen Igel-Stellung: einige Figuren haben die Grundaufstellung verlassen: die Springer stehen auf d7 und f6, die Türme auf c8 und e8, die Bauern auf a6, b6, d6 und e6 stacheln hervor. In dieser Stellung schützt sich der Igel in alle Richtungen, geht über die dritte Reihe nicht hinaus und lässt den Gegner kommen.

Quelle: Wikipedia

Diese Stellung kam in den 70-en Jahren 20.Jh. in Mode. Auch Anatoly Karpow (der 12. Schachweltmeister) verteidigte sich erfolgreich mit der Igel-Stellung.

Den Przewalski-Urwildpferden stört der stachelige Nachbar gar nicht. Vier von ihnen grasen ruhig weiter. Könnt ihr mir helfen, welche Eröffnung kommt jetzt auf das Schachbrett? Richtig! Das Vier-Springer-Spiel mit den Eröffnungszügen: e4, e5; Sf3, Sf6; Sc3, Sc6!

Quelle: Wikipedia

Mehr als 10.000 verschiedene Reptilien und über 7000 Amphibien schwimmen, kriechen oder hüpfen über unseren Planeten. In dem Reptilien-Haus gleich nebenan beobachte ich ein bunt-schillerndes Chamäleon, das mit seiner langen Zunge auf ein Insekt „schießt“.

Im Englund-Gambit opfert Schwarz seinen Königsbauer nach dem Doppelschritt des gegnerischen Damenbauern 1. d4 e5. 2. dxe5. Danach folgt eine Mosquito-Variante des Gambits: die schwarze Dame auf h4. Für mich sieht die schwarze Dame wie ein Chamäleon aus, das gleich seine Zunge ausstreckt und den Mosquito (den armen Bauern auf e5) auffängt.

Quelle: chess.com


Die Slawische Verteidigung ist eine der beliebtesten Schacheröffnungen, sie entsteht nach den Zügen:

  1. d4 d5
  2. c4 c6
    und geht in die Chamäleon-Variante mit den Zügen
  3. Sf3 Sf6
  4. Sc3 a6
    über.
Quelle: chess.com

Eine andere beliebte Verteidigung- die Sizilianische Verteidigung hat eine Kobra-Variante:
1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Sdb5 Lc5 und die weißen Figuren sehen wie eine Kobra aus, die gleich attackieren wird!

Quelle: chesstempo.com

Die größte Giftschlange der Welt hat ihr Quartier auch hier im Reptilien-Haus. Eine Ur-Reptilie, den Drachen, finde ich hier allerdings nicht. Diese Fabelwesen, die Feuerspeicher mit großen Flügeln, gibt es aber im Schach! In der Sizilianischen Verteidigung gibt es eine Drachenvariante, die nach den Zügen: e4, c5; Sf3, Sc6; d4 cxd4; Sxd4, g6 entsteht. Die typische schwarze Bauernstruktur hat die Ähnlichkeit mit dem Sternbild Drachen. 1995 im WM-Match wandte Garry Kasparow die Drachenvariante gegen Vishy Anand erfolgreich an.

Quelle: Wikipedia

Meinen Ausflug beende ich bei dem König der Tiere- bei dem Löwen. Die größte Katze der Welt döst in der Sonne in seinem Gehege. Löwen jagen meist bei Dunkelheit oder in den kühlen Morgenstunden. Wer seinen Gegner mit den schwarzen Steinen überraschen möchte, der sollte „The Black Lion“- Eröffnung spielen, eine aggressive Version der Philidor-Verteidigung.

Nach 1.e4 d6 2.d4 Sf6 3.Sc3 e5 4.Sf3 Sbd7 5.Lc4 Le7 6.0–0 c6 greift der schwarze Löwe die weiße Rochadestellung mit …g5 an.
Video: The Black Lion Opening, GingerGM auf YouTube.

Wie man sieht hat auch die Schachwelt ihre eigene Fauna!


Zum Schluss unsere Rubrik „Interessante Fakten über Schach“: Der 16. Schachweltmeister Magnus Carlsen bekam eine Gastrolle bei der Zeichentrickserie „The Simpsons“. Carlsen erschien als Zeichentrickfigur in der 15. Episode der 28. Staffel der Serie mit dem Titel „Homersche Eröffnung“.

Homer überrascht seine Familie mit ungeahnten Schachspielkünsten. Wie sich später herausstellt, ist dieses Talent allerdings mit einem Kindheitstrauma verbunden, was ihn schwer mitnimmt. Als Homer beschließt, das Schach aufzugeben, unternimmt Homers Frau einen letzten Versuch, ihn ins Spiel zurückzuholen: „Homer, bevor du aufgibst, habe ich jemanden, der etwas über Schach weiß“.

Magnus Carlsen erscheint im Skype: „Ich bin der Schachweltmeister, Magnus Carlsen“. Sein Rat an Homer lautet: „Um deine wahren Gefühle zu finden, musst du dein letztes Schachspiel mit deinem Vater beenden“.

Bis zum nächsten Mal!
Eure Xenia Bayer

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